Rechtsmissbräuchliche Scheidung?
Die Hochzeit soll unter anderem einer der schönsten Tage im Leben zweier Menschen sein. Für manche ist es allerdings der Tag der Scheidung. Doch kann man sich eigentlich auch rechtsmissbräuchlich scheiden lassen?
In Österreich gibt es verschiedene Scheidungsoptionen. Es gibt bspw. die Scheidung aus Verschulden eines Ehepartners oder aus anderen Gründen (ohne Verschulden aber aufgrund zB von ekelerregender Krankheit), die Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft oder die einvernehmliche Scheidung. Kostengünstiger und allumfassend ist die Scheidung im Einvernehmen. In diesem Fall treffen die Ehegatten eine gemeinschaftliche Regelung in Bezug auf alle Punkte (Vermögen, Schulden, Unterhalt, Kinder etc.), die beide Seiten hoffentlich glücklich macht. Bei den anderen Lösungsarten wird man nur geschieden, separate Verfahren sind einzuleiten, wenn es um Aufteilung und Unterhalt geht.
Erst kürzlich hat der Oberste Gerichtshof (OGH 10 ObS 108/23i vom 12.03.2024) entschieden, dass es Fälle einer rechtsmissbräuchlichen Scheidung gibt. Im konkreten Fall bezog die Ehefrau nach dem Tod ihres ersten Mannes Witwenpension, so wie es ihr auch zusteht. Allerdings heiratete sie ca. ein Jahr später ihren zweiten Mann, wodurch sie keinen Anspruch auf Witwenpension mehr hatte. Um wieder Witwenpension zu beziehen, ließ sie sich nach sechs Jahren von ihrem zweiten Mann einvernehmlich scheiden. Bei einer einvernehmlichen Scheidung muss die Ehe unheilbar zerrüttet sein, was von beiden Ehegatten vor Gericht zu bestätigen ist. Tatsächlich war dies nicht richtig, denn die beiden lebten nach der Scheidung wie ein Ehepaar zusammen, teilten sich die wesentlichen Kosten und unterhielten auch eine Geschlechtsgemeinschaft. Etwas später heirateten sie sogar wieder und ließen sich abermals scheiden, obwohl die Ehe nicht unheilbar zerrüttet war. Die unheilbare Zerrüttung der Ehe wurde vor Gericht durch die Ehegatten bestätigt, obwohl dies nicht den Tatsachen entsprach. Da dies der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) komisch vorkam, wurde die weitere Auszahlung der Witwenpension verweigerte. Es kam zur Klage zwischen der Ehegattin und der PVA, wobei die PVA gewann und der OGH aussprach, dass die wiederholte Heirat und anschließende Scheidung vom selben Gatten rechtsmissbräuchlich sind, wenn die Ehe nie zerrüttet war und die Scheidung nur deshalb erfolgte, um einen Anspruch auf Witwenpension zu begründen.
Für Fragen rund um das Thema Scheidung steht Ihnen die Advocatur Böhler gerne zur Verfügung.